16. Februar 2012 Kostengünstiges Elektro-Singleauto aus Jena rollt ab 2014 für alle

Elek­tro­auto ist nicht gleich Elek­tro­auto – das wird schnell klar, wenn Tho­mas delos San­tos beginnt, über „Coli­bri“ zu spre­chen. Das soll ein bat­te­rie­ge­trie­be­ner Ein­sit­zer wer­den, der bin­nen Jah­res­frist als Pro­to­typ auf der Straße unter­wegs sein wird. „Das Fahr­zeug soll dabei einen nor­ma­len Ben­zi­ner gar nicht erset­zen, son­dern eine Ergän­zung sein.“
Vor allem zum Pen­deln für Arbeit­neh­mer oder etwa bei Fir­men­flot­ten oder Lie­fer­diens­ten kann sich das Unter­neh­men vor­stel­len, die ers­ten Seri­en­mo­delle unter­zu­brin­gen. „Was uns von ande­ren Anbie­tern und vor allem gro­ßen Kon­zer­nen unter­schei­det, ist, dass wir nicht auf der Basis han­deln, was wir selbst kön­nen und dar­aus ein Auto bauen. Statt­des­sen haben wir über­legt, was das Fahr­zeug am Ende kön­nen muss und dann etli­che Part­ner her­aus­ge­sucht, die genau das lie­fern kön­nen“, erläu­tert der Grün­der und Geschäftsführer.
Aktu­ell arbei­ten bei Inno­va­tive Mobi­lity Auto­mo­bile im Tech­no­lo­gie- und Inno­va­ti­ons­park Jena (TIP) vier Per­so­nen, bald sol­len es sechs sein. Und obwohl der Jenaer delos San­tos selbst erst 27 Jahre alt ist, hat er sich nicht ohne Berufs­er­fah­rung im Jahr 2008 in das Pro­jekt gestürzt: Nach dem Abschluss in Inter­na­tio­na­lem Manage­ment hat er in der Schweiz als Bera­ter gear­bei­tet – jetzt ist er „Erfin­der, Chef und Stra­tege“, sagt er mit Augen­zwin­kern. Im Jahr 2014 sol­len bereits Fahr­zeuge rol­len – die Stadt­werke haben mit der Firma eine ent­spre­chende Absichts­er­klä­rung unterzeichnet.
Fahr­zeug­größe ist kein Problem 
7900 Euro wird die Basis­ver­sion kos­ten – plus 49 Euro Miete im Monat für den Akku. „Damit spa­ren wir 40 Pro­zent der Kos­ten gegen­über einem nor­ma­len Klein­wa­gen“, ergänzt Ko-Grün­de­rin Juliane Beyer. Dass das Auto ledig­lich ein Ein­sit­zer ist und die Reich­weite bei maxi­mal 120 Kilo­me­ter liegt, sehen die bei­den nicht als Pro­blem: der durch­schnitt­li­che Pen­del­weg liege bei 44 Kilo­me­tern am Tag und Autos seien im Schnitt mit 1,3 Per­so­nen kaum aus­ge­las­tet. Zudem wolle man das her­kömm­li­che Auto ja nicht erset­zen, son­dern ergän­zen. Ver­gleich­bar große Kon­zepte – etwa einen Motor­rol­ler, ste­cken die Jenaer hin­ge­gen locker in die Tasche: „Unser Fahr­zeug bie­tet eine geschlos­sene Kabine und einen Kof­fer­raum“, berich­tet delos San­tos. Damit werde „Coli­bri“ also auch mit Wind und Wet­ter fer­tig – der ähn­lich große Renault Twizy ist hin­ge­gen offen. Zudem werde die NCAP-Crash­norm ein­hal­ten – durch eine Zusam­men­ar­beit mit dem glei­chen Her­stel­ler, der bereits den Daim­ler-Spross Smart sicher gemacht hat.
Der Pro­to­typ soll der Öffent­lich­keit beim Gen­fer Auto­sa­lon vor­ge­stellt wer­den – im Jahr 2013. Gela­den wer­den kann das Fahr­zeug übri­gens mit her­kömm­li­chem Haus­halts­strom – 100 Kilo­me­ter kos­ten dann etwa 90 Cent. Umge­rech­net auf den euro­päi­schen Strom­mix kommt eine CO2-Bilanz von etwa 22 Gramm pro Kilo­me­ter zustande – davon sind andere Fahr­zeuge weit ent­fernt. Punk­ten aller­dings, da sind delos San­tos und Beyer sicher, werde man über die Kos­ten des „Coli­bri“.
Seine eigene Finan­zie­rung hat das Unter­neh­men übri­gens teil­weise dem Staat zu ver­dan­ken. Der Frei­staat Thü­rin­gen hat über die bm‑t Betei­li­gungs­ma­nage­ment Thü­rin­gen der Thü­rin­ger Auf­bau­bank zusam­men mit der Mün­cher Risi­ko­ka­pi­tal­ge­sell­schaft Bam­boo­Ven­tures zu gro­ßen Tei­len das Unter­neh­men finan­ziert: „In unse­rem Fall ist das ja etwas anders, als wenn sich jemand mit einer Dienst­leis­tung selbst­stän­dig macht“, erläu­tert delos San­tos. Die Ent­wick­lung brau­che ihre Zeit – und da werde kein Geld ver­dient, son­dern zunächst ein­mal nur verbraucht.
Wegen der bm‑t und der zen­tra­len Lage haben sich die Grün­der für Jena ent­schie­den. Sie hof­fen zudem dar­auf, dass Thü­rin­gen För­der­mit­tel des Bun­des als Modell­re­gion Elek­tro­mo­bi­li­tät – aller­dings sei man auch in der Lage, sich in ande­ren Regio­nen an ent­spre­chen­den Ver­su­chen zu betei­li­gen. Bei der Infra­struk­tur müss­ten Län­der und Kom­mu­nen auf jeden Fall in Vor­leis­tung gehen – aller­dings setzt Inno­va­tive Mobi­lity Auto­mo­bile auch dar­auf, dass viele Pri­vat­kun­den ihre Fahr­zeuge ent­we­der zu Hause laden oder am Arbeitsplatz.
Wer den „Coli­bri“ wo baut, ist indes noch nicht klar: Etli­che Stand­orte kämen in Frage, ein gro­ßes Mon­ta­ge­band müsse es nicht sein – denn auf ein­fa­che Pro­duk­tion wird schon in der Kon­struk­ti­ons­phase geachtet.
Flo­rian Gir­wert / 16.02.12 / TLZ
http://www.tlz.de/web/zgt/suche/detail/-/specific/Kostenguenstiges-Elektro-Singleauto-aus-Jena-rollt-ab-2014-fuer-alle-427555727
 

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