Elektroauto ist nicht gleich Elektroauto – das wird schnell klar, wenn Thomas delos Santos beginnt, über „Colibri“ zu sprechen. Das soll ein batteriegetriebener Einsitzer werden, der binnen Jahresfrist als Prototyp auf der Straße unterwegs sein wird. „Das Fahrzeug soll dabei einen normalen Benziner gar nicht ersetzen, sondern eine Ergänzung sein.“
Vor allem zum Pendeln für Arbeitnehmer oder etwa bei Firmenflotten oder Lieferdiensten kann sich das Unternehmen vorstellen, die ersten Serienmodelle unterzubringen. „Was uns von anderen Anbietern und vor allem großen Konzernen unterscheidet, ist, dass wir nicht auf der Basis handeln, was wir selbst können und daraus ein Auto bauen. Stattdessen haben wir überlegt, was das Fahrzeug am Ende können muss und dann etliche Partner herausgesucht, die genau das liefern können“, erläutert der Gründer und Geschäftsführer.
Aktuell arbeiten bei Innovative Mobility Automobile im Technologie- und Innovationspark Jena (TIP) vier Personen, bald sollen es sechs sein. Und obwohl der Jenaer delos Santos selbst erst 27 Jahre alt ist, hat er sich nicht ohne Berufserfahrung im Jahr 2008 in das Projekt gestürzt: Nach dem Abschluss in Internationalem Management hat er in der Schweiz als Berater gearbeitet – jetzt ist er „Erfinder, Chef und Stratege“, sagt er mit Augenzwinkern. Im Jahr 2014 sollen bereits Fahrzeuge rollen – die Stadtwerke haben mit der Firma eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet.
Fahrzeuggröße ist kein Problem
7900 Euro wird die Basisversion kosten – plus 49 Euro Miete im Monat für den Akku. „Damit sparen wir 40 Prozent der Kosten gegenüber einem normalen Kleinwagen“, ergänzt Ko-Gründerin Juliane Beyer. Dass das Auto lediglich ein Einsitzer ist und die Reichweite bei maximal 120 Kilometer liegt, sehen die beiden nicht als Problem: der durchschnittliche Pendelweg liege bei 44 Kilometern am Tag und Autos seien im Schnitt mit 1,3 Personen kaum ausgelastet. Zudem wolle man das herkömmliche Auto ja nicht ersetzen, sondern ergänzen. Vergleichbar große Konzepte – etwa einen Motorroller, stecken die Jenaer hingegen locker in die Tasche: „Unser Fahrzeug bietet eine geschlossene Kabine und einen Kofferraum“, berichtet delos Santos. Damit werde „Colibri“ also auch mit Wind und Wetter fertig – der ähnlich große Renault Twizy ist hingegen offen. Zudem werde die NCAP-Crashnorm einhalten – durch eine Zusammenarbeit mit dem gleichen Hersteller, der bereits den Daimler-Spross Smart sicher gemacht hat.
Der Prototyp soll der Öffentlichkeit beim Genfer Autosalon vorgestellt werden – im Jahr 2013. Geladen werden kann das Fahrzeug übrigens mit herkömmlichem Haushaltsstrom – 100 Kilometer kosten dann etwa 90 Cent. Umgerechnet auf den europäischen Strommix kommt eine CO2-Bilanz von etwa 22 Gramm pro Kilometer zustande – davon sind andere Fahrzeuge weit entfernt. Punkten allerdings, da sind delos Santos und Beyer sicher, werde man über die Kosten des „Colibri“.
Seine eigene Finanzierung hat das Unternehmen übrigens teilweise dem Staat zu verdanken. Der Freistaat Thüringen hat über die bm‑t Beteiligungsmanagement Thüringen der Thüringer Aufbaubank zusammen mit der Müncher Risikokapitalgesellschaft BambooVentures zu großen Teilen das Unternehmen finanziert: „In unserem Fall ist das ja etwas anders, als wenn sich jemand mit einer Dienstleistung selbstständig macht“, erläutert delos Santos. Die Entwicklung brauche ihre Zeit – und da werde kein Geld verdient, sondern zunächst einmal nur verbraucht.
Wegen der bm‑t und der zentralen Lage haben sich die Gründer für Jena entschieden. Sie hoffen zudem darauf, dass Thüringen Fördermittel des Bundes als Modellregion Elektromobilität – allerdings sei man auch in der Lage, sich in anderen Regionen an entsprechenden Versuchen zu beteiligen. Bei der Infrastruktur müssten Länder und Kommunen auf jeden Fall in Vorleistung gehen – allerdings setzt Innovative Mobility Automobile auch darauf, dass viele Privatkunden ihre Fahrzeuge entweder zu Hause laden oder am Arbeitsplatz.
Wer den „Colibri“ wo baut, ist indes noch nicht klar: Etliche Standorte kämen in Frage, ein großes Montageband müsse es nicht sein – denn auf einfache Produktion wird schon in der Konstruktionsphase geachtet.
Florian Girwert / 16.02.12 / TLZ
http://www.tlz.de/web/zgt/suche/detail/-/specific/Kostenguenstiges-Elektro-Singleauto-aus-Jena-rollt-ab-2014-fuer-alle-427555727